Anfang Feburar wurde die Gründung des “Netzwerk für Wissenschaftsfreiheit” bekannt, dem bislang etwa 70 Wissenschaftler*innen angehören. In einer Pressemitteilung erklären sie, das gemeinsame Anliegen sei es,”die Freiheit von Forschung und Lehre gegen ideologisch motivierte Einschränkungen zu verteidigen und zur Stärkung eines freiheitlichen Wissenschaftsklimas beizutragen.”
Dieser Vorstoß lässt sich in eine Reihe öffentlicher Bekundungen (wie auch dem Appel für freie Debattenräume und dem Haper´s Magazine Letter) einordenen, die das Überhandnehmen von “Political Correctness” und einer angeblichen “Cancel Culture” beklagen.
Bisher haben sich dem Netzwerk keine Wissenschaftler*innen der Universität Lüneburg angeschlossen. Trotzdem zeigt der zögerliche Umgang mit dem Fall Asteriti, dass der Rechtsruck in den Debatten um Wissenschaftsfreiheit auch hier bereits angekommen ist. Immer wieder wurde uns gegenüber die Befürchtung geäußert, durch ein stärkeres Engagement einen medialen und hochschulinternen Backlash im Namen der Wissenschaftsfreiheit auszulösen. Aber was steckt hinter diesen Befürchtungen? Wieso sollte die Freiheit der Wissenschaft nicht mit Maßnahmen für einen effektiven Diskriminierungschutz vereinbar sein?
Zunächst erscheint die Forderung nach Wissenschaftsfreiheit unterstützenswert, denn mit dem Recht auf freie Foschung und Lehre kann, zumindest bis zu einem gewissen Grad, der Einfluss von Unternehmen, Politik, Staat und Kirche auf das Wirken der Hochschulen verringert werden. Doch im Zuge neurechter, konservativer Strömungen wird das Ideal der Wissenschaftsfreiheit in einem ganz anderen argumentativen Zusammenhang gebraucht: Freiheit wird hier als die Freiheit ausgelegt, alles sagen und beforschen zu dürfen – auch wenn dabei rassistische, sexistische, oder auch transfeindliche Theorien, Aussagen und Grundsätze reproduziert werden.
Doch der Ausschluss von Gedankengut, das gruppenbezogende Menschenfeindlichkeit befördert, ist nicht das Problem einer “politischen Instrumentalisierung” von Wissenschaft, sondern die Voraussetzung dafür, dass die Uni überhaut erst ein diverser und vielfältiger Ort der Forschung und Lehre werden kann. Ein einfaches Beispiel: Nur wenn trans, inter* und nicht-binär- feindliche Positionen aus der Uni ausgeschlossen werden, können Menschen aller geschlechtlicher Identitäten sich dort ausreichend willkommen fühlen und ihre Perspektiven einbringen.
Deshalb halten wir es für wichtig, sich aktiv von den Forderungen des “Netzwerk für Wissenschaftsfreiheit” zu distanzieren. Wissenschaftsfreiheit ohne Diskriminierungsschutz? Kommt nicht in die Tüte.