Transfeindlichkeit an der Uni Lüneburg

Wir veröffentlichen hier unsere gemeinsame Stellungnahme zum Statement des Präsidiums zu Liberalität, Gleichbehandlung, Respekt für Geschlechtervielfalt in der Hochschule:

Der AStA der Uni Lüneburg, das Bündnis Feministischer 8. März Lüneburg, QuARG und der Checkpoint Queer e.V. begrüßen das Statement der Universität zu geschlechtlicher Vielfalt vom 3.12.2020. Doch auch wenn Selbstverpflichtungen und die Erarbeitung eines transsolidarischen Leitbildes ein wichtiger Schritt für den Diskriminierungsschutz sind, machen wir an dieser Stelle darauf aufmerksam, dass sich trans, inter und nicht-binäre Menschen an der Universität Lüneburg heute nicht ausreichend willkommen fühlen.

„Jegliches diskriminierendes und verletzendes Verhalten gegenüber TIN* Personen wird an dieser Universität nicht geduldet“, heißt es im Statement. Aber was bedeutet diese Selbstverpflichtung für den konkreten Umgang mit diskriminierendem Verhalten gegen trans, inter und nicht-binäre Personen (TIN*)?
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Geschlecht und radikal linke Szene

Der folgende Text ist ein Redebeitrag, den wir als Bündnis auf unserer Demonstration “Feministisch kämpfen – Patriarchat wegfegen” gehalten haben. Nach einiger Zeit in der Schublade, hatten wir ihn eigentlich auf der gleichnamigen Demonstration unserer Genoss*innen der Feministischen Antifa Hamburg halten wollen. Durch die Pandemie hatten wir uns kurzfristig entschieden die gemeinsame Anreise und Beteiligung auf ihrer Demonstration abzusagen und stattdessen eine eigene Demonstration in Lüneburg anzumelden.

„Wir würden ja gerne mehr Frauen in der Gruppe haben aber es gibt einfach keine Frauen die Lust auf links-radikale Politik haben“. Diesen Spruch kennen viele von uns Frauen, Lesben, trans, inter und nicht-binären Personen – abgekürzt FLINT. 

 Was dabei als radikal gilt, sind Ausdrücke von Stärke, Aggression, Risikobereitschaft und Härte gegen sich selbst. Ausdrücke also, die mit Männlichkeit verknüpft sind. Die mit männlicher Sozialisierung erlernt werden. Anforderungen die in der binären Geschlechterordnung an Männer gestellt werden. Weil Radikalität als Ideal einer linken Praxis gilt werden diese Anforderungen in der linken Szene übernommen. Damit wird Männlichkeit idealisiert. Nicht als wichtiger Teil radikaler Praxis gilt dagegen Emotionale Arbeit, self care, Verletzlichkeit und Zweifel. Alles Dinge die mit Weiblichkeit assoziiert werden. Weiblichkeit wird jedoch zusätzlich auf 2 weiteren Ebenen systematisch abgewertet.
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Für das Selbstbestimmungsgesetz!

Auf unserer Demonstration “Feministisch kämpfen – Patriarchat wegfegen” am 31.10.20 haben Menschen aus unserem Bündnis den Aufruf einer Gruppe trans_nichtbinärer_ageschlechtlicher_geschlechtsdiverser Menschen aus Lüneburg vorgetragen. Wir veröffentlichen hier in Solidarität den Beitrag unserer Genoss*innen der zur Kundgebung am folgenden Tag mobilisierte. Weg mit dem Patriarchat, weg mit der Zweivergeschlechtlichung!

Am Montag wird im Bundesstag über das Selbstbestimmungsgesetz abgestimmt. Ein Gesetz, das es trans und nichtbinären Menschen möglicht machen könnte, selbstbestimmt über ihre geschlechtliche Identität zu entscheiden. Das menschenrechtskonforme und würdige Möglichkeiten auf Namens- und Geschlechtsänderung bereithalten könnte. Das Inter Kinder vor Genitalverstümmelung schützt, auch dann wenn Eltern oder Ärzt*innen eine Intersexualität wegdefinieren. Das die Existenzen von trans und inter Personen anerkennt und unsere Ansprüche auf adequate gesundheitliche Versorgung sichert.
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Zusammen gegen die Fundamentalist*innen

Der folgende Text wurde in gekürzter Form von uns als Redebeitrag auf unserer Demonstration “Feministisch kämpfen! Sexismus wegfegen!” am 31. Oktober in Lüneburg gehalten. Wir haben ihn nocheinmal aktualisiert und möchten ihn jetzt in seiner Form vom 12. November 2020 mit euch teilen.
(English below)

Zusammen gegen die Fundamentalist*innen! Solidarität mit Aktivist*innen und Betroffenen in Polen!

Faktisches Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen in Polen

Am 22. Oktober hat das Verfassungsgericht in Polen das Recht auf Abtreibungen faktisch komplett abgeschafft. Dies geht auf einen Antrag der regierenden nationalkonservativen Partei Prawo i Sprawiedliwość (PiS) zurück. Seit 1993 waren die Gesetze bereits ultra restriktiv, da seitdem Schwangerschaftsabbrüche nur noch in wenigen Ausnahmefällen erlaubt waren: Bei gesundheitlicher Gefahr für die schwangere Person, nach einer Vergewaltigung, bei Inzest und bei einer schwerwiegenden Fehlbildung des Fötus. Letzteres wurde nun verboten, obwohl 98% (1) der Abtreibungen in Polen aus embryopathischen Gründen durchgeführt werden mussten, weshalb das Urteil des politischen Verfassungsgericht einem kompletten Verbot von Abtreibungen gleichkommt. Die Person, die hinter dem jetzigen Verbotsantrag steht, drohte bereits, dass es nur eine Frage der Zeit sei bis Abtreibungen aufgrund von Vergewaltigungen oder Inzest ebenfalls verboten werden sollen (2).’ Continue reading “Zusammen gegen die Fundamentalist*innen”

Gendergaga und Sprachpolizei?

Beitrag zu den Diskussionen ums Gendern & Veröffentlichung verschiedener Leser*innenbriefe.

Am 8. Juli berichtete die Lünepost über das Vorhaben der Stadtratsfraktion der Lüneburger Grünen, in der Kommunikation der Stadt “gendersensible” Sprache zu verwenden. Während alle zitierten FLINT* im Artikel geschlechtergerechte Sprache unterstützen, zeigt sich lediglich OB Mädge wenig überzeugt: “Gleichstellung ist keine Frage der Formulierung.” Winfried Kretschmer (Grüne / Ministerpräsident von BaWü) äußert einen Monat später, im Bezug auf Gendern, er wolle sich von der “Sprachpolizei” nicht einschränken lassen. Alle sollen reden “wie ihnen der Schnabel gewachsen ist”. Ähnlich klingen auch die Leser*innenbriefe die in der Lünepost abgedruckt wurden, und auf den Artikel reagieren. Auf die trans- inter und queerfeindlichen Bemerkungen aus diesen Briefen, werden wir hier ebenso wenig eingehen, wie auf die dort gestellte Frage, warum Menschen durch Verschweigen überhaupt ausgegrenzt würden. Wir veröffentlichen hier stattdessen Leser*innenbriefe aus unserem Bündnis, die wir geschrieben haben, weil uns das Lesen der vorherigen Briefe wütend und traurig gemacht hat. Außerdem möchten wir aufzeigen, dass Kretschmer & Co ein rechtes Argumentationsmuster mit verschwörungsideologischem Touch verwenden, um nicht nur das Gendern, sondern die dahinterstehenden Bemühungen, die feministische Kritik und die Bedürfnisse von FLINT* abzuwerten. Gegen diesen und jeden Antifeminismus wollen wir zusammen kämpfen. 

Klar erschöpft sich Gleichstellung nicht in Sprache. Schön, dass das so viele verstanden haben und betonen. Aber nur weil mit dem Gendern noch nicht alles getan ist für Gerechtigkeit und Befreiung aller Geschlechter, lässt sich Sprache nicht ausklammern. Mit diskriminierender Sprache werden wir in diesen Punkten nämlich nicht weit kommen. Wenn Menschen, wie in der Lünepost, sagen mit dem “Gendersternchen sei in keinster Weise geholfen” ignorieren sie alle feministischen Stimmen die seit Jahrzehnten dafür kämpfen, dass die Sprache sich ändert. Mehr noch, sie machen sie ungültig. Sorry, aber ihr könnt nicht für andere entscheiden was “hilft”.

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