Auf unserer Demonstration “Feministisch kämpfen – Patriarchat wegfegen” am 31.10.20 haben Menschen aus unserem Bündnis den Aufruf einer Gruppe trans_nichtbinärer_ageschlechtlicher_geschlechtsdiverser Menschen aus Lüneburg vorgetragen. Wir veröffentlichen hier in Solidarität den Beitrag unserer Genoss*innen der zur Kundgebung am folgenden Tag mobilisierte. Weg mit dem Patriarchat, weg mit der Zweivergeschlechtlichung!
Am Montag wird im Bundesstag über das Selbstbestimmungsgesetz abgestimmt. Ein Gesetz, das es trans und nichtbinären Menschen möglicht machen könnte, selbstbestimmt über ihre geschlechtliche Identität zu entscheiden. Das menschenrechtskonforme und würdige Möglichkeiten auf Namens- und Geschlechtsänderung bereithalten könnte. Das Inter Kinder vor Genitalverstümmelung schützt, auch dann wenn Eltern oder Ärzt*innen eine Intersexualität wegdefinieren. Das die Existenzen von trans und inter Personen anerkennt und unsere Ansprüche auf adequate gesundheitliche Versorgung sichert.
Dieses Gesetz ist dringend notwenig und überfällig, und doch müssen wir heute darum bangen, dass der Entwurf, der von der grünen Bundestagsfraktion eingereicht wurde, morgen von der Großen Koalition abgelehnt wird. Und das, obwohl das bis heute geltende Gesetz, das sogenannte Transsexuellengesetz seit mehr als 40 Jahren trans und inter Personen in ihrer freien Persönlichkeitsentwicklung hemmt und uns menschenunwürdige Hürden für das Ausleben unserer geschlechtlichen Identität in den Weg legt. Eine Reform des TGS ist unabdingbar. Denn das Gesetz ist nicht nur veraltet, in weiten Teilen bereits für verfassungwidrig erklärt worden und unwissenschaftlich, da es an diskriminierenden Gutachten festhält, deren Unsinnhaftigkeit und Unmenschlichkeit längst erwiesen sind. Es ist ein patriachales Machtinstrument, welches darauf abzielt, trans, nichtbinäre und ageschlechtliche Personen zu unterdrücken und unsere Leben unmöglich zu machen.
Uneingewilligten, geschlechtsverändernden Eingriffe, gerade an Babies und Kindern sind noch immer eines der Größten Menschenrechtsverbrechen in Deutschland. Die Forderung des Internationalen Intersex Forums “Intergeschlechtliche Menschen müssen befähigt und bestärkt werden, selber die Entscheidungen, bezüglich ihrer eigenen körperlichen Unversehrtheit, der körperlichen Autonomie und Selbstbestimmung, eigenverantwortlich treffen zu können” ist auch in Deutschland Brandaktuell. Der Entwurf der Bundesregierung greift dabei deutlich zu kurz. Im Gegensatz zum grünen Gesetzesentwurf werden nur Kinder geschützt bei denen Ärzt*innen und Eltern bei der Geburt explizit eine Variation der Geschlechtlichen Entwicklung feststellen. Bis heute werden viele inter Kinder bei Geburt allerdings einem von zwei binären Geschlechtern zwnagszugeordnet und dementsprechend von Entwurf nicht geschützt.
Wir halten es nicht länger aus, ihr haltet uns nicht länger hin. Wir kreischen, wir schreien, wir heulen, wir fordern: Schluss mit Bevormundung, Schluss mit menschenverachtenden Maßnahmen. Weg mit dem TSG. Schluss mit uneingewilligten geschlechtsverändernden Eingriffen!
40 Jahre Ignoranz sind genug!
Was wir brauchen sind Gesetze, die uns ein selbstbestimmtes Leben möglich machen! Wenn wir nicht in die Kategorien der Mehrheitsgesellschaft und ihrer zwanghaften Zweivergeschlechtlichung passen, dann müssen wir diese Kategorien und die repressiven Instrumente und Gesetze, die sie uns überstülpen wollen, abschaffen! Weg mit dem Patriarchat, weg mit der Zweivergeschlechtlichung!
Dieser Kampf ist mit dem Selbstbestimmungsgesetz nicht zu ende, denn wir werden niemals zulassen, dass wir ausgelöscht werden. Falsch, unnatürlich und abnormal – das sind nicht wir, das ist das System und das sind die Gesetze, die unsere Existenzen negieren uns in unserer persönlichen Freiheitsauslebung unterdrücken.